Kapazitäten für Studium und Lehre

Wie bewerten die Hochschulleiter die bisherigen Erfolge des Hochschulpaktes? Wie steht es um die personellen Kapazitäten für Studium und Lehre?

In den vergangenen zehn Jahren stieg die Zahl der Studierenden an deutschen Hochschulen um mehr als 40 Prozent auf rund 2,8 Millionen. Um den Zuwachs zu bewältigen, mussten Hochschulen in neue Infrastruktur investieren und Lehrkapazitäten aufbauen. Vor diesem Hintergrund haben Bund und Länder den Hochschulpakt beschlossen, der die Finanzierung zusätzlicher Studienplätze sichern soll. 2016 wurde die dritte Phase des Paktes gestartet. Die Befragung zeigt, wie unterschiedlich die Hochschulleitungen die bisherigen Phasen bewerten.

Zu einer Verbesserung der Studienqualität sollen auch weitere Förderprogramme von Bund und Ländern beitragen. Drei von vier Hochschulen erwerben so zusätzliche Mittel für die Lehre. Ein großer Teil der Lehre wird dabei von Personal übernommen, das in Nebentätigkeit oder befristet an den Hochschulen tätig ist. Die damit verbundenen Folgen für die Wissenschaft sowie insbesondere für das wissenschaftliche Personal selbst werden öffentlich und politisch teilweise auch kritisch diskutiert. Die Hochschulen selbst wünschen sich weiterhin gewisse personelle Freiräume, um Expertise von außerhalb einbinden und flexibel an neuen Entwicklungen forschen zu können.

 

Hochschulpakt: bisher nur jeder Zweite überzeugt

Seit dem Jahr 2007 ist die Zahl der Studienanfänger deutlich angestiegen. Für den ersten Anstieg sorgten auch der Wegfall der Wehrpflicht und doppelte Abiturjahrgänge. Eine gestiegene Studienneigung führte schließlich dazu, dass weiterhin mehr Studierende an die Hochschulen kamen und die Studienanfängerzahlen sich seit 2011 konstant auf hohem Niveau bewegen. Der Hochschulpakt ist die Antwort von Bund und Ländern auf diese Entwicklung. Insgesamt werden in drei Phasen bis 2023 über 38 Milliarden Euro bereitgestellt, um zusätzliche Ausbildungskapazitäten zu schaffen und ein qualitativ hochwertiges Studium zu ermöglichen. Nach zehn Jahren Laufzeit ist das Zwischenfazit durchwachsen. Nur die Hälfte der befragten Hochschulleiter ist überzeugt, dass der Hochschulpakt seine Ziele bisher erfüllt hat.

Hochschulpakt: Lob von staatlichen, Kritik von privaten Hochschulen

Die Bewertung des Hochschulpaktes unterscheidet sich deutlich nach Hochschultyp. Leiter staatlicher Hochschulen schätzen das Programm überwiegend positiv ein. Knapp zwei Drittel der Fachhochschulen und sogar mehr als drei Viertel der Universitäten in öffentlicher Trägerschaft sehen den Pakt als Erfolg an. Große Skepsis zeigen jedoch private Hochschulen: Weniger als jeder fünfte Hochschulleiter bewertet den Hochschulpakt positiv. Zurückzuführen ist das auch darauf, dass der Zuwachs an Studienplätzen an privaten Hochschulen in die Berechnung der Bundesmittel zwar einbezogen, die Mittel aber von den Ländern in der Regel nicht weitergegeben werden. Dabei wachsen private Hochschulen deutlich schneller. Zwischen 2005 und 2015 hat sich die Zahl der Studienanfänger dort auf 42.000 verdreifacht.

Paktziele bisher nur teilweise erreicht

In den Vereinbarungen zum Hochschulpakt wird eine Reihe von Zielen benannt. So sollen die Anteile der Studienanfänger an Fachhochschulen und in den MINT-Fächern sowie von Frauen insbesondere bei Professuren erhöht werden. Ab 2016 soll zudem der Zugang von beruflich Qualifizierten zu den Hochschulen verbessert werden. Zudem sind 10 Prozent der Mittel für Maßnahmen reserviert, die Studierende bei einem erfolgreichen Abschluss unterstützen. Diese Ziele wurden bisher aus Sicht der Hochschulleitungen nur teilweise erfüllt. Rund 80 Prozent sagen
zwar, dass der Hochschulpakt die Studienqualität an ihren Hochschulen verbessert hat. Gleichzeitig sieht nur eine Minderheit bereits Erfolge bei den weiteren Zielen.

Exzellenz in der Forschung, Exzellenz in der Lehre?

Bund und Länder haben zahlreiche Initiativen entwickelt mit dem Ziel, die Qualität der Lehre zu verbessern. Laut Befragung haben staatliche Universitäten in den vergangenen zehn Jahren zweimal mehr entsprechende Förderanträge bewilligt bekommen als staatliche Fachhochschulen. Besonders erfolgreich waren Eliteuniversitäten und Universitäten mit Exzellenzclustern. Damit liegen jene Hochschulen vorne, die bereits eine hohe Forschungsförderung erhalten. Eine Profilbildung einzelner Hochschulen in Lehr- oder Forschungsexzellenz scheint sich hier also nicht abzuzeichnen. Auch der Bundesländervergleich zeigt Unterschiede: Hessen, Baden-Württemberg und Brandenburg waren laut Befragung in der Einwerbung von Drittmitteln für Lehre besonders erfolgreich.

Lehre auf Honorarbasis

Außerordentliche Professoren, Lehrbeauftragte, Gastdozenten: Hochschulen nutzen vielfältige Möglichkeiten, Personen von außerhalb der Hochschulen in die Lehre einzubinden. Das kann befruchtend sein, wenn Perspektiven etwa aus der Wirtschaft oder dem Ausland in das Curriculum eingebunden werden. Das kann aber auch bedeuten, dass die eigenen Personalkapazitäten nicht ausreichen, um Pflichtveranstaltungen ordnungsgemäß anbieten zu können. Im Durchschnitt wird mehr als jede vierte Lehrveranstaltung nicht von hauptamtlichen Mitarbeitern der Hochschulen übernommen. Private Hochschulen greifen dabei besonders häufig auf externes Personal zurück.

Personalentwicklung zwischen Planbarkeit und Flexibilität

Für Hochschulen gilt ein spezielles Befristungsrecht bei Arbeitsverträgen, das im Wissenschaftszeitvertragsgesetz geregelt ist. Für die Hochschulentwicklung bedeuten Zeitverträge, rascher auf sich verändernde Anforderungen, etwa bei der Erschließung neuer Forschungsthemen, reagieren zu können. Feste Karriereperspektiven sind hingegen attraktiv für das Personal und bringen Planungssicherheit, beispielsweise in der Lehre. An Universitäten sind fast zwei Drittel der Wissenschaftler auf Zeit beschäftigt, an Fachhochschulen nur ein Drittel. Ein Grund ist der unterschiedliche Anteil von Nachwuchswissenschaftlern1 und Drittmittelstellen. In der Verwaltung sind befristete Stellen jeweils deutlich seltener.

Detailliertere Zahlen zum wissenschaftlichen Nachwuchs findet man in der Erhebung des Stifterverbandes "Personalentwicklung für den wissenschaftlichen Nachwuchs", 2016.

Entfristungen gewünscht

Den bestehenden Anteil an Zeitverträgen bewerten die Hochschulleiter von privaten sowie spezialisierten Hochschulen als weitgehend adäquat. Allerdings arbeiten dort nur rund jeder fünfte Wissenschaftler und ein Zehntel der Verwaltung befristet. Staatliche Universitäten sehen bei einer großen Anzahl an Qualifizierungs- und Drittmittelstellen nur begrenzten Spielraum für eine Senkung der befristeten Beschäftigung. So wollen die Universitätsleiter den hohen Anteil der befristeten Verträge beim wissenschaftlichen Personal um 5,5 Prozentpunkte auf 57,4 Prozent senken. Das entspricht einer Entfristung jeder elften Stelle. Die Leiter von Fachhochschulen wollen sogar jede vierte Stelle entfristen. In der Verwaltung liegen die entsprechenden Werte noch höher.