Stimmungsbarometer

Wie bewerten Hochschulleitungen im Jahr 2022 die Lage und die Entwicklungen ihrer Hochschulen? Welche Veränderungen seit der ersten Befragung im Jahr 2011 lassen sich ausmachen?

Antworten gibt der Stifterverband-Index zur Lage der Hochschulen, der die Einschätzungen der Hochschulleitungen zu 17 zentralen Handlungsfeldern der Hochschulen zusammenfasst. Der Lageindex wird auf einer Skala von -100 (sehr negative Bewertung) bis +100 Punkten (sehr positive Bewertung) gemessen. Erfasst werden rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen, Kooperationsbeziehungen sowie die Wettbewerbsfähigkeit in Forschung und Lehre.

Insgesamt ist die Stimmung unter den Hochschulleitungen weniger positiv als in den Vorjahren. So stellt die jüngste Bewertung der Lage den niedrigste Indexwert im gesamten Erhebungszeitraum des Stimmungsbarometers dar. Eine negative Entwicklung lässt sich insbesondere bei den Rahmenbedingungen und der Wettbewerbsfähigkeit erkennen. Die Bewertung der Kooperationsbeziehungen bleibt hingegen weitgehend stabil. Die Ergebnisse unterscheiden sich dabei teils stark nach einzelnen Indikatoren sowie nach Hochschultyp oder Trägerschaft.

 

Stimmungsbarometer und Lage der Hochschulen

Der Stifterverband-Index für die Lage der Hochschulen liegt für das Jahr 2022 bei 22 Punkten auf einer Skala von -100 (negativ) bis +100 (positiv) Punkten. Damit bewerten die Hochschulleitungen ihre Situation weiterhin als eher positiv. Allerdings ist es der geringste Wert über alle Erhebungen des Hochschul-Barometers hinweg. Insbesondere seit 2020 ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen.

Dabei geht der Index-Wert gegenüber dem Vorjahr unter allen Hochschultypen nicht gleichermaßen zurück. So sinkt er um fast 18 Indexpunkte in der Gruppe der staatlichen pädagogischen, Musikbeziehungsweise Kunsthochschulen, um neun Punkte unter den Privaten Hochschulen und um etwa acht Punkte unter den staatlichen Hochschulen für angewandte Wissenschaft (HAW). Bei Universitäten mit Exzellenzförderung hingegen bleibt er nahezu stabil. Diese Unterschiede führen dazu, dass insgesamt vor allem eine Stimmungseintrübung unter den kleinen bis mittelgroßen Hochschulen zu beobachten ist.

 
Die Herausforderungen, denen sich die Hochschulen im vergangenen Jahr stellen mussten, sind vielfältig.
In der Befragung nennen sie dabei vor allem die Folgen zentraler gesellschaftliche Entwicklungen. Auf der einen Seite herrscht Erleichterung über das Ende der COVID-19-Pandemie, den Wegfall der damit verbunden Einschränkungen und die Rückkehr zu stärkerer Präsenz. Dementgegen stehen jedoch neue Herausforderungen: Die aufgrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gestiegenen Energiekosten und allgemeinen Preissteigerungen treffen auch die Hochschulen. Hinzu kam im Winter 2022/2023 eine große Unsicherheit, inwieweit Träger und Fördermittelgeber die gestiegenen Kosten übernehmen. Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus der demografischen Entwicklung und den noch nicht vollständig überwundenen Pandemiefolgen: An vielen Hochschulorten sinken die Studierendenzahlen und drohen in Zukunft weiter rückläufig zu sein. Dies hat Auswirkung auf die Organisation von Studium und Lehre und die Finanzierung.

Die Hochschulleitungen kommen also zu einer ambivalenten Bewertung des Jahres 2022: Etwa ein Viertel von ihnen bewertet das Jahr 2022 als ein (eher) schlechtes Jahr für die Hochschulen. Dagegen ordnen knapp 40 Prozent das Jahr (eher) positiv ein. Unterschiede bestehen auch hier zwischen den Hochschultypen. Während private Hochschulen das Jahr 2022 aufgrund der Energiekrise besonders kritisch bewerten (Stifterverband 2023), sind die Zukunftserwartungen bei den staatlichen Hochschulen deutlich schlechter.