Hochschulen sehen Finanzlage zunehmend als bedrohlich an

Rund die Hälfte der Rektoren und Präsidenten erwartet, dass die finanziellen Spielräume ihrer Hochschulen enger werden. Dabei wird schon die aktuelle Situation als kritisch eingestuft. Dank steigender Drittmittel hat sich die Finanzierungssituation der deutschen Hochschulen in den vergangenen zehn Jahren verbessert.

Zwischen den Jahren 2000 und 2010 stiegen die Ausgaben der Hochschulen in Deutschland um knapp 50 Prozent, von 14,9 auf 22,1 Milliarden Euro (ohne medizinische Einrichtungen und Gesundheitswissenschaften, Statistisches Bundesamt 2012). Davon profitierte besonders die Forschung. Denn die Drittmitteleinnahmen verdoppelten sich im gleichen Zeitraum. Der Drittmittelanteil an der gesamten Hochschulfinanzierung ist damit von 15 Prozent im Jahr 2000 auf mehr als 22 Prozent im Jahr 2010 gestiegen.

Doch diese Einnahmensteigerungen relativieren sich, wenn man die steigenden Studierendenzahlen berücksichtigt. Zwischen 2000 und heute wuchs die Zahl der Studienanfänger um mehr als die Hälfte. Die Folge: Die laufenden Ausgaben je Studierenden haben sich in dieser Zeit kaum verändert. Berücksichtigt man allerdings die Teuerungsrate in dieser Periode, so sind die laufenden Ausgaben pro Studierenden zwischen 2000 und 2010 um rund 13 Prozent gesunken. Die Ausgaben für Personal reduzierten sich pro Studierenden sogar um 23 Prozent.

Hinzu kommt: Die im vergangenen Jahrzehnt massiv gestiegenen Drittmittel helfen den Hochschulen für die Bewältigung des Ansturms der jungen Studierenden wenig. Als Aushängeschild der Leistungsfähigkeit einer Hochschule werden sie vorwiegend für ausgewählte Forschungsprojekte gewährt. Dazu zählen in besonderer Weise die rund 2,5 Milliarden Euro, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für Förderprogramme ausgegeben werden und die Exzellenzinitiative des Bundes. Die Lehre an den staatlichen Hochschulen – und damit die alltägliche Betreuung der vielen neuen Studierenden – muss trotz Hochschulpakt und Qualitätspakt Lehre vornehmlich aus den Einnahmen der Grundfinanzierung bezahlt werden. Und der Anteil der Grundfinanzierung sinkt.

Pessimismus macht sich breit

Vor dem Hintergrund steigender Studierendenzahlen haben sich in den Augen der Hochschulen die Perspektiven der Hochschulfinanzierung weiter verschlechtert. Die Abschaffung der Studiengebühren in verschiedenen Bundesländern, die unsichere Fortführung der großen Förderinitiativen des Bundes und verstärkte Bemühungen, die Länderhaushalte auch auf Kosten der Hochschulen zu konsolidieren, werden als Bedrohung für die finanziellen Spielräume der Hochschulen gesehen.

48 Prozent der Hochschulleiter erwarten eine Verschlechterung der Finanzierungssituation.

Diese Entwicklungen und die damit einhergehenden finanziellen Herausforderungen haben die Stimmung an den deutschen Hochschulen beeinflusst: Fast jede zweite der teilnehmenden Hochschulen berichtet von einer zunehmend schlechten Finanzierungssituation. Rund die Hälfte der Rektoren und Präsidenten erwartet, dass die finanziellen Spielräume seiner Hochschule enger werden. Die Erwartung zur zukünftigen Finanzsituation ist der am schlechtesten bewertete Indikator im Hochschul-Barometer 2012.

Dabei wird schon die aktuelle Situation als kritisch eingestuft. Fast jeder zweite Hochschulleiter (45 Prozent) bewertet die aktuelle Finanzsituation seiner Hochschule als schlecht oder eher schlecht. Ein Jahr zuvor waren es nur 16 Prozent. Etwas besser stehen die Fachhochschulen da. Von ihnen bewerten noch rund 40 Prozent die Lage als (eher) gut, von den Universitäten lediglich 16 Prozent.

Größter Finanzierungsbedarf bei Infrastruktur und Personal

Die beklagten Finanzierungsengpässe wirken sich aus Sicht der Rektoren und Präsidenten unterschiedlich stark auf die einzelnen Aufgaben der Hochschulen aus. 60 Prozent der Hochschulen sehen Finanzierungslücken im Bereichen Bauen und Sanieren, 57 Prozent beim wissenschaftlichen Personal und 47 Prozent bei der Forschungsinfrastruktur. Deutliche Unterschiede zeigen sich nach Hochschultyp. Bei den drei genannten Bereichen mit zusätzlichem Finanzierungsbedarf sehen staatliche Hochschulen – und hier vor allem die Universitäten – insbesondere im Ausbau und Erhalt der baulichen Infrastruktur große Finanzierungslücken.

Private Einrichtungen und Fachhochschulen hoffen dagegen in erster Linie auf mehr Mittel zur Gewinnung und dem Verbleib von wissenschaftlichem Personal und bessere Forschungsinfrastruktur. Zudem scheinen steigende Energiepreise zu einem Problem gerade für Hochschulen mit gewichtiger Forschungsinfrastruktur zu werden. 52 Prozent der Universitäten und sogar 83 Prozent derjenigen mit Elitestatus zählen die Energiekosten zu den drei Bereichen mit dem größten ungedeckten Finanzierungsbedarf.