Keine Lust mehr auf Bachelor?

Grundständige Lehre, insbesondere in den Bachelor-Studiengängen, sehen die Hochschulen im Durchschnitt noch als die aktuell wichtigste Aufgabe ihrer Einrichtung an. Alle anderen Aufgaben, von der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses bis hin zum Dialog mit der Gesellschaft, räumen sie jedoch einen stärkeren Bedeutungszuwachs ein.

Welche Aufgaben gewinnen, welche verlieren in Zukunft an Wichtigkeit? In welche Richtung entwickeln sich die Hochschulen nach Einschätzung ihrer Leitungen, die natürlich diese Entwicklung maßgeblich selbst beeinflussen?

Welche Bedeutung die Hochschulen den einzelnen Aufgaben beimessen, ist also auch Ausdruck der eigenen Strategie zur Hochschulplanung. Systemisch betrachtet stellt sich die Frage: Differenziert sich die Hochschullandschaft weiter, da autonome Hochschulen stärker in Marktnischen gehen, um sich Wettbewerbsvorteile zu sichern? Oder findet eher eine Angleichung statt, da alte Trennlinien, etwa zwischen Universitäten und Fachhochschulen, aber auch zwischen privaten und öffentlichen Einrichtungen schrittweise abgebaut werden und bestimmte Profile eine bessere Ressourcengewinnung versprechen?

Universitäten und Fachhochschulen stärken bestehende Profile

Universitäten und Fachhochschulen müssen sich die Frage stellen, welche Strategien für die Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen in Forschung und Lehre am besten sind. Die Stärken auszubauen hieße für die Universitäten, Forschung als Kern der Hochschule weiter zu fördern, für Fachhochschulen ihr anerkanntes Ausbildungsprofil weiter zu verbessern. Umgekehrt können sich Fachhochschulen aber auch verstärkt um eine Forschungsorientierung bemühen, um für neue Zielgruppen von Studierenden und Drittmittelgebern interessanter zu werden. Tatsächlich beantworten die Hochschulleiter der beiden Hochschultypen die Frage durchaus unterschiedlich, welche Aufgaben für die eigene Institution in Zukunft wichtiger oder weniger wichtig sein werden.

76 Prozent der Hochschulleiter sagen, Forschung wird wichtiger, aber nur 32 Prozent grundständige Lehre.

Für die Universitäten sind drei Bereiche in Zukunft von großer Bedeutung: die weiterführende Lehre, die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Forschung. Fachhochschulen erwarten dagegen in besonderer Weise, dass neben der weiterführenden Lehre auch die Weiterbildung und die angewandte Forschung beziehungsweise der Wissens- und Technologietransfer wichtiger werden. Ein Wettbewerb zwischen den Typen Universitäten und Fachhochschulen entwickelt sich also am ehesten im Bereich der weiterführenden Lehre (Masterbereich). Allerdings scheinen Fachhochschulen auch die Grundlagenforschung stärker in den Blick zu nehmen und sich damit dem forschungsorientierten Profil der Universitäten annähern zu wollen.

Im Großen und Ganzen orientieren sich die erwarteten Bedeutungszuwächse aber eher entlang der alten Aufgabenschwerpunkte von Universitäten und Fachhochschulen.

Master statt Bachelor

Den größten Bedeutungszuwachs sehen beide Hochschultypen in der weiterführenden Lehre. Eine gewisse Dynamik zeichnet sich auch bei der akademischen Weiterbildung ab. Die Hochschulen stellen sich also auf den wachsenden gesellschaftlichen Bedarf eines lebenslangen Lernens (quartäre Bildung) ein. Ein Aspekt, der in einer alternden Gesellschaft wie Deutschland von großer Bedeutung ist.

Die Ergebnisse zur weiterführenden und weiterbildenden Lehre stehen aber im Kontrast zur Trendbewertung in der grundständigen Lehre: Nur 25 Prozent der Universitäten und 38 Prozent der Fachhochschulen geben an, dass diese Aufgabe an ihrer Hochschule in Zukunft zumindest eine eher wichtige Rolle spielt. Damit steht die grundständige Lehre, mit den aktuell über eine Million betroffenen Studierenden, am Ende der Prioritätenskala für die Zukunft. Ähnlich wenig Potenzial räumen die Befragten nur dem Bereich Dialog mit der Gesellschaft ein, wobei hier jeweils mehr als 40 Prozent ein Mehr an Bedeutung in den nächsten Jahren sehen.

 

Private Hochschulen wollen mehr forschen

Trotz der bestehenden Vielfalt innerhalb der nicht staatlichen Hochschulen unterscheiden sie sich in ihren Aufgabenschwerpunkten von vielen staatlichen Einrichtungen. Bisher haben wenig private Hochschulen ein ausgeprägtes Forschungsprofil, ihre Stärken liegen eher in der Lehre und der berufsorientierten Kompetenzvermittlung. Diese Lücke in der Forschung scheinen viele Leiter privater Hochschulen schließen zu wollen. Fast 80 Prozent und damit zehn Prozentpunkte mehr als bei den Leitern staatlicher Hochschulen geben an, dass Forschung in den nächsten Jahren an ihrer Einrichtung wichtiger wird.

Angewandte Forschung scheint dagegen nicht im Fokus zu stehen. Auch der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sprechen sie eine steigende Bedeutung zu. Darin unterscheiden sich die Rektoren und Präsidenten privater Hochschulen nicht von denen staatlicher Institutionen. Dieses Ergebnis überrascht, wenn man berücksichtigt, dass bisher nur wenige private Einrichtungen über das Promotionsrecht verfügen.