Innovation und Digitalisierung

Hochschulen sind Innovationsmotor und wichtige Säule im Innovationssystem. 94 Prozent der im Hochschul-Barometer befragten Hochschulleitungen sehen Forschung und Innovation als relevantes Thema für ihre Einrichtung an. Doch in der diversifizierten Hochschullandschaft gibt es keine einheitliche Strategie für die Entwicklung zukünftiger Forschungsthemen und Instrumente.

Für welche gesellschaftlichen Themen bereiten die Hochschulen also aktuell Lösungen vor? Welche Rolle spielen strategische Öffnungsprozesse und Innovationspartnerschaften? Wie verändert die Digitalisierung die bestehenden Forschungsfelder?

Im Ergebnis zeigt sich, dass sich Hochschulen stark an aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und Innovationspotenzialen der Wirtschaft orientieren. So steuert die Politik durch ihre Innovationsstrategie und entsprechende Fördermaßnahmen den Prozess der Wissensgenerierung auch in der dezentral organisierten Hochschulwelt. Ob dies auch mit der neu geplanten Agentur für Sprunginnovationen gelingen wird, ist allerdings aus Sicht der Hochschulen noch zweifelhaft.

 

Anwendungsorientierte Forschung vorwiegend mit Projektcharakter

Anwendungsorientierte Forschung hat an Hochschulen überwiegend Projektcharakter. Nur rund ein Viertel der notwendigen Finanzierung wird über Grundmittel abgedeckt. Bei staatlichen Universitäten liegt der Anteil mit rund 38 Prozent allerdings mehr als doppelt so hoch wie bei Fachhochschulen (rund 15 Prozent), die allerdings auch insgesamt weniger Grundmittel für Forschung erhalten. Fast die Hälfte der Finanzmittel stammt aus Programmen des Bundes, der Bundesländer, der Europäischen Union und der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Private Drittmittel machen insgesamt nur rund ein Fünftel aus. Der Anteil variiert dabei zwischen 24,1 Prozent an privaten Hochschulen und 17,5 Prozent an staatlichen Universitäten.

Forschungstrends: Digitalisierung und Nachhaltigkeit

Die zentralen gesellschaftlichen Trends Digitalisierung und Nachhaltigkeit beschreiben auch die zukünftigen Schwerpunktthemen der deutschen Hochschulforschung. Aus einer qualitativen Auswertung der Rückmeldungen der Hochschulleitungen zum jeweiligen Forschungsprofil ihrer Einrichtung lassen sich folgende Beobachtungen festmachen: Drei Viertel der befragten Hochschulen streben an, ihre Forschungsfelder in Zukunft weiter zu verändern. Vor allem staatliche Hochschulen wollen dabei verstärkt auf digitale Themen setzen. An rund jeder zweiten Hochschule werden Aspekte der Digitalisierung als Forschungsgegenstand an Bedeutung gewinnen. Aspekte der Nachhaltigkeit werden in rund jeder fünften Hochschule stärker berücksichtigt. Dabei orientieren sich Fachhochschulen stärker an diesen beiden Megatrends. Universitäten sind mit ihrem breiteren Fächerspektrum diverser aufgestellt.

Jede dritte neue Professur zu Digitalisierung

Hochschulen richten immer mehr Lehrstühle mit dem Schwerpunkt Digitalisierung ein, drei von zehn im Jahr 2018 neuberufenen Professuren beschäftigen sich laut den befragten Hochschulleitungen explizit mit Themen der Digitalisierung. Hochgerechnet sind dies – bei 2.000 bis 2.500 Neuberufungen insgesamt3 – zwischen 600 und 750 neue Professuren mit Digitalschwerpunkt. Dabei handelt es sich um Professuren aus allen Disziplinen wie zum Beispiel Digital Humanities, Digitalwirtschaft oder Big Data Analysis. Der Anteil an Professuren mit digitalen Arbeitsschwerpunkten ist an technischen Hochschulen etwas höher als an nicht-technischen (37 versus 27 Prozent). Außerdem haben staatliche Fachhochschulen (37 Prozent) einen höheren Anteil als staatliche Universitäten (30 Prozent).

70 Prozent der Hochschulen beteiligen sich an Innovationsverbünden

Der Innovationsfaktor Hochschule zeigt sich auch an der hohen Beteiligung der Hochschulen an Innovationsverbünden. Beispiele sind Cluster-Initiativen oder Industry-on-Campus-Modelle. Dort arbeiten Hochschulen gemeinsam mit Unternehmen, Politik und gesellschaftlichen Akteuren an übergreifenden Forschungsthemen. Durch diese Zusammenarbeit sind die Anwendung und Verwertung der Forschungsergebnisse gesichert. Mit Blick auf die Innovationsfelder der Hightech-Strategie der Bundesregierung beteiligen sich die Hochschulen am stärksten an Verbünden zu den Themen Nachhaltiges Wirtschaften und Energie sowie Digitale Wirtschaft und Gesellschaft. Staatliche Hochschulen, vor allem Universitäten, beteiligen sich hier deutlich häufiger als private oder spezialisierte Hochschulen.

Innovationsorientierung soll wachsen

Die große Mehrheit der Hochschulleitungen befürwortet eine stärkere Orientierung ihrer Einrichtung an Innovationsthemen. Neben rein wissenschaftlichen Aspekten sollen demnach gesellschaftliche Aspekte eine wachsende Rolle in Forschung und Lehre spielen. Dafür wollen mehr als 80 Prozent enger mit gesellschaftlichen Partnern  zusammenarbeiten. Rund zwei Drittel planen eine stärkere Ausrichtung an strategischen Innovationsfeldern, wie sie beispielsweise in der Hightech-Strategie der Bundesregierung benannt sind. Ebenso viele möchten ihre Forschung verstärkt an globalen gesellschaftlichen Themen orientieren, zum Beispiel an den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen. Zudem möchte die Mehrheit der Hochschulleitungen ihre Einrichtung als regionalen Innovationshub ausbauen, um so eine Mittlerfunktion für unterschiedliche Innovationsakteure einzunehmen.

Open Innovation als neuer Standard?

Die strategische Öffnung von Forschungs- und Innovationsprozessen hat das Potenzial, durch gesellschaftliche Beteiligung Vertrauen zu schaffen. Durch das Teilen von Forschungsergebnissen kann zudem die Schaffung neuen Wissens und neuer Anwendungen beschleunigt werden. Die Hochschulleitungen erkennen eine stark zunehmende Relevanz des Themas für die Zukunft. 95 Prozent wollen das trans- und interdisziplinäre Arbeiten ausbauen. Auch der verstärkte öffentliche Zugang zu Publikationen und Daten wird von einer großen Mehrheit befürwortet. Die Einbeziehung von Bürgern in Forschung (Citizen Science) will dagegen nur rund jede zweite Hochschulleitung befördern.

Skepsis gegenüber Agentur für Sprunginnovationen

Im Sommer 2018 hat die Bundesregierung beschlossen, der Förderlandschaft für Forschung und Innovation ein völlig neues Element hinzuzufügen. Die neue Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen soll Innovationen auf den Weg bringen, die technologisch radikal neu sind und ein hohes Potenzial für eine marktverändernde Wirkung haben. Trotz der zukünftig zentralen Rolle als Innovationsförderer kennt nur knapp die Hälfte der Hochschulleitungen die geplante Agentur. Davon wiederum erwartet nur jede fünfte mehr Innovationen für Deutschland. Es sind also noch große Anstrengungen notwendig, um die akademische Forschung für eine Mitwirkung an den Aktivitäten der Agentur zu
begeistern.