Stimmungsbarometer 2018

Wie bewerten Hochschulleitungen im Jahr 2018 die Lage und die Entwicklungen ihrer Hochschulen? Welche Veränderungen seit der ersten Befragung im Jahr 2011 lassen sich ausmachen?

Antworten darauf gibt der Stifterverband-Index für die deutschen Hochschulen, der anhand von 17 Indikatoren die Einschätzungen der Rektoren und Präsidenten zur aktuellen Situation und die Erwartungen für die nächsten fünf Jahre abbildet. Erfasst werden rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen, Außenbeziehungen sowie die Wettbewerbsfähigkeit in Forschung und Lehre.

Die Stimmung unter den Rektoren und Präsidenten ist insgesamt verhalten positiv. Der Gesamtindex liegt mit 21,4 Punkten ähnlich hoch wie in den vergangenen fünf Jahren. Es bestehen allerdings große Unterschiede in der Zufriedenheit mit den Rahmenbedingungen, den Kooperationsbeziehungen und der Wettbewerbsfähigkeit. Zudem unterscheiden sich die Ergebnisse stark nach Hochschultyp, Trägerschaft und Größe der Einrichtung.

Zufriedenheit variiert nach Hochschulbereichen

Die Hochschulen bewerten für den Stifterverband-Index ihre Rahmenbedingungen, ihre Kooperationsbeziehungen und ihre Wettbewerbsfähigkeit. Mit der Wettbewerbsfähigkeit und den Kooperationsbeziehungen sind die Hochschulen weitgehend zufrieden. Beide Bereiche liegen bei mehr als 30 Punkten auf einer Skala von -100 bis +100 Punkten. Die Einschätzung der allgemeinen Rahmenbedingungen fällt dagegen mit 10 Punkten nüchtern aus. Der Index hierzu setzt sich aus vier Teilindikatoren zusammen. Dabei beurteilen die Hochschulleitungen ihre Autonomie (28,1 Punkte) und Ausstattung (18,9 Punkte) deutlich besser als die Finanzierungs- (-1,6 Punkte) und Personalsituation (-5,3 Punkte).

Insgesamt werden für den Stifterverband-Index 17 Indikatoren erhoben. Die Einzelwerte weisen dabei große Unterschiede auf. Sie reichen von 55,7 bis -5,3 Punkte.

Größere Hochschulen sind zufriedener

Unter den verschiedenen Hochschulgruppen – unterschieden nach Trägerschaft, Art und Größe – zeigen sich besonders die privaten Universitäten zufrieden. Im Jahr 2017 standen noch die großen staatlichen Fachhochschulen an der Spitze. Doch die Zufriedenheit in dieser Gruppe verschlechterte sich um mehr als 10 Punkte. Tendenziell sind Leitungen von größeren Hochschulen (mit mindestens 10.000 Studierenden), von nicht-staatlichen Hochschulen und von Universitäten zufriedener. Große staatliche Fachhochschulen und große Universitäten sowie kirchliche und private Hochschulen kommen auf Index-Werte zwischen 24 und 27. Die Schlussgruppe bilden große Universitäten, große staatliche Fachhochschulen und spezialisierte Hochschulen mit Indexwerten zwischen 15 und 18 Punkten.

Zufriedenheit privater Hochschulen sinkt

Die Leitungen privater Hochschulen sind im Durchschnitt insgesamt zufriedener als diejenigen von staatlichen Hochschulen. Ausschlaggebend ist die deutlich bessere Einschätzung der Rahmenbedingungen (Autonomie, Personalsituation, Ausstattung und Finanzierung). Mit den Außenbeziehungen und der Wettbewerbsfähigkeit sind dagegen staatliche Hochschulen deutlich zufriedener. Der Vorsprung der privaten Hochschulen in der Gesamteinschätzung ist in den vergangenen Jahren deutlich kleiner geworden. Während die Einschätzung der staatlichen Hochschulen recht konstant geblieben ist, sank die Zufriedenheit der privaten Hochschulen von 2011 bis 2018 von anfänglich 46 auf 25 Punkte. Trotz anscheinend rückläufiger Stimmung im privaten Hochschulsektor nahm die Zahl der nicht-staatlichen Bildungsanbieter in dieser Zeit um etwa ein Drittel zu.

Keine Verbesserung der Rahmenbedingungen erwartet

Die Hochschulleitungen bewerten die aktuellen Rahmenbedingungen kritisch und dennoch die Wettbewerbsfähigkeit ihrer eigenen Hochschule in Forschung und Lehre als sehr gut. Diese Diskrepanz wird laut Einschätzung der Rektoren und Präsidenten weiter steigen. Denn für die nächsten fünf Jahre erwarten sie kaum Veränderungen bei den Rahmenbedingungen. Der entsprechende Index liegt nahe bei null auf der Skala von -100 bis +100 Punkte. Für die Wettbewerbsfähigkeit werden dagegen weitere Verbesserungen erwartet.

FHs und Unis uneins über Rahmenbedingungen

Große Zufriedenheit oder Zuversicht weisen weder staatliche Fachhochschulen noch staatliche Universitäten bei den Rahmenbedingungen auf. Doch es gibt Unterschiede: Die staatlichen Universitäten
schätzen ihre derzeitigen Rahmenbedingungen im Schnitt weder gut noch schlecht ein, erwarten jedoch eine leichte Verbesserung in den nächsten fünf Jahren. Bei den staatlichen Fachhochschulen ist es umgekehrt; sie schätzen die aktuellen Rahmenbedingungen eher positiv ein, erwarten dagegen eher eine Verschlechterung in der Zukunft.

Exzellenzunis selbstbewusst bei Wettbewerbsfähigkeit

Hochschulen, die im Wettbewerb der Exzellenzstrategie des Bundes erfolgreich waren, schätzen ihre Wettbewerbsfähigkeit in der Forschung als besonders stark ein.2 91 Prozent der Hochschulleitungen gaben an, die Wettbewerbsfähigkeit in der Forschung sei hoch oder eher hoch. Zum Vergleich: Bei den übrigen Hochschulen sagte dies nur jede zweite. Die Rahmenbedingungen schätzen die geförderten Universitäten jedoch ähnlich ein wie andere Hochschulen. Dabei bewerten sie die aktuelle Lage besser, die Entwicklung jedoch skeptischer. Vor dem Hintergrund einer besseren Ausgangslage und unsicherer Förderung fielen die Erwartungen offensichtlich bescheidener aus.

Hochschulen spüren gesellschaftliche Wertschätzung

Insgesamt sehen Hochschulen eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz ihrer Arbeit. Zwei Drittel der Hochschulleitungen beurteilt die gesellschaftliche Wertschätzung als gut oder eher gut. Allerdings sinkt diese Einschätzung der Hochschulleitungen im zweiten Jahr in Folge. Zwischen 2011 und 2016 hatte sich hingegen, aus Sicht der Hochschulen, die gesellschaftliche Wertschätzung der wissenschaftlichen Institutionen immer weiter verbessert. Die Hochschulen selbst können viel für eine positive Wahrnehmung leisten. Dazu tragen eine relevante Forschung und eine hohe Qualität der Ausbildung bei. Aber auch der offene Dialog, gemeinsame Forschungsprojekte (zum Beispiel Citizen Science) und das Engagement für die Lösung sozialer und technologischer Herausforderungen stärken die Wahrnehmung der Hochschule als wichtigen gesellschaftlichen Akteur.

Gute Zusammenarbeit mit Unternehmen aus der Region

In Bezug auf die Bereitschaft zur Kooperation und zum Dialog mit anderen Akteuren schätzen Hochschulleitungen die Zusammenarbeit mit Unternehmen aus der Region am besten ein. Die Zusammenarbeit mit der Politik auf kommunaler Ebene steht an zweiter Stelle. Hier besteht ein deutlicher Unterschied zwischen staatlichen und privaten Hochschulen. Staatliche Hochschulen bewerten außerdem die Kooperation mit anderen deutschen Hochschulen positiver als private. Private und nicht-technische Hochschulen sind eher als andere Hochschulen mit der Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Akteuren zufrieden. Die Zusammenarbeit mit Unternehmen außerhalb der Region, Organisationen der Zivilgesellschaft und vor allem außeruniversitären Forschungseinrichtungen
wird dagegen schlechter eingeschätzt.

Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft zunehmend schwieriger für FHs

Die Hochschulen sind mit der Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Partnern tendenziell weniger zufrieden als mit Kooperationen mit Unternehmen. Mit Blick auf systemische Innovationsprozesse und wachsende Beteiligungswünsche aus der Gesellschaft steigt jedoch die Bedeutung einer Einbindung auch zivilgesellschaftlicher Akteure in die Aktivitäten der Hochschulen. Zwischen Universitäten und Fachhochschulen fallen große Unterschiede in der Bewertung dieser Kooperationen auf. Universitäten bewerten sie zu 69,1 Prozent als (eher) positiv. Bei Fachhochschulen sind es nur 39,4 Prozent. Für Fachhochschulen, die häufig schwerpunktmäßig technische und wirtschaftswissenschaftliche Fächer anbieten, scheint die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft eher herausfordernd zu sein.

Abnehmende Zufriedenheit mit der Landespolitik

Die Bundespolitik gewinnt an Einfluss auf die Hochschulen. Insbesondere über Förderprogramme stößt sie neue Entwicklungen an. Bereits 2014 wurden die gesetzlichen Regelungen für eine engere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern im Wissenschaftsbereich geschaffen. Viele Initiativen steuern und finanzieren die beiden politischen Ebenen nun gemeinsam. Dennoch bleibt die Landespolitik erster Ansprechpartner der Hochschulen. Sie verhandelt die Zielvereinbarungen, definiert die Aufgaben der Hochschulen und gewährt die Grundfinanzierung. Insgesamt ist die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit mit der Landespolitik in den vergangenen beiden Jahren rückläufig. Waren 2016 noch über drei Viertel der Hochschulleitungen mit der Zusammenarbeit zufrieden, sind es 2018
nur noch knapp 60 Prozent.