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Transfer

Transfer und Kooperation sind die zentralen Schnittstellen der Hochschulen mit Wirtschaft und Gesellschaft. Neben Forschung und Lehre bildet Transfer die dritte Mission, deren Stellenwert sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert hat. Doch wird diese Aufgabe in der Umsetzung auch ihrer großen Bedeutung für gesellschaftlichen Fortschritt und wirtschaftliche Wertschöpfung gerecht?

 
Während Transfer vor einem Jahrzehnt vielfach noch als nachrangige Aufgabe betrachtet wurde, zeigt sich heute auch im Hochschul-Barometer ein messbarer Bedeutungszuwachs. Die Hochschulleitungen bewerten seine Wichtigkeit im Vergleich zu anderen Aufgaben gegenüber dem Jahr 2013 deutlich höher. Knapp zwei Drittel der Universitäten verfügen mittlerweile über eine institutionell verankerte Transferstrategie. Bei den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) liegt der Anteil bei 50 Prozent. Transfer ist damit systematisch in die Entwicklungsplanung vieler Hochschulen eingebettet.

Die thematische Ausrichtung dieser Strategien verweist auf die enge Verbindung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Hochschulen nehmen die Rolle von Impulsgebern für die regionale Transformation ebenso wahr wie die Aufgabe, zu gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen beizutragen. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass Hochschulleitungen den Beitrag ihrer Einrichtungen zu Themen wie Klimaschutz, Digitalisierung, Fachkräftesicherung oder Gesundheitsversorgung bewusst priorisieren. Die Hochschulen verstehen Transfer somit nicht nur als klassischen Technologietransfer in Richtung Wirtschaft, sondern als breites, wechselseitiges Verständnis von Austausch und Zusammenarbeit.
 

 
Diese strategische Verankerung trifft auf eine hohe Motivation innerhalb der Wissenschaft. Die Hochschulleitungen geben an, dass die Hochschulangehörigen grundsätzlich motiviert und interessiert an Transfer sind. Allerdings läge die Herausforderung darin, geeignete Anreiz- und Unterstützungssysteme zu schaffen. Diese sind in der Regel unterschiedlich stark ausgebaut. Während viele Hochschulen erfolgreichen Transfer gerne für ihre Presse- und Öffentlichkeitsarbeit nutzen (68,4 Prozent), werden umfangreichere Unterstützungsmaßnahmen wie Transfersemester oder Transferprofessuren nur zurückhaltend genutzt. Damit bleibt Transfer für viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nachrangig gegenüber Publikationen und Drittmitteleinwerbung.

Hinzu kommen strukturelle Hemmnisse im Arbeitsalltag. Neun von zehn Hochschulleitungen geben an, dass es an zeitlichen Ressourcen mangelt. Der Alltag von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist durch Lehre, Forschung und administrative Aufgaben so stark ausgelastet, dass für Transfer häufig nur wenig Zeit bleibt. An Hochschulen für angewandte Wissenschaften wirken die hohen Lehrdeputate hemmend, während an Universitäten der Druck, zu publizieren und Drittmittel einzuwerben, die Kapazitäten bindet. Ähnlich relevant wie die Ressource Zeit sind für das Thema Transfer finanzielle Mittel. Förderprogramme enden nicht selten, bevor der Weg von Forschungsergebnissen in die Praxis vollständig beschritten werden kann. Für die Anschluss­finanzierung fehlen Mittel und Instrumente, wodurch Transferprojekte ins Leere laufen. Hochschulleitungen sehen in dieser Problematik eine der größten Barrieren, da sie strukturell angelegt ist und nicht durch individuelles Engagement überwunden werden kann.
 

 
Auch die Zusammenarbeit mit externen Transferpartnern bringt spezifische Herausforderungen mit sich. Hochschulen sind zwar mit einer Vielzahl an Akteuren im Austausch – Unternehmen, öffentliche Verwaltung, Zivilgesellschaft –, doch die Intensität und Qualität dieser Kooperationen unterscheidet sich. Besonders eng sind die Verbindungen zur Wirtschaft. Unternehmen gelten für die meisten Hochschulleitungen als wichtigste Transferpartner, gemeinsame Forschungsprojekte bilden hier das Herzstück. Die Hochschulleitungen weisen aber gleichzeitig auf erhebliche Hürden hin. Am häufigsten genannt wird der Mangel an zeitlichen Kapazitäten auf beiden Seiten, was den Transfer verlangsamt oder verhindert.

Insgesamt ergibt sich ein differenziertes Bild der Transferaktivitäten deutscher Hochschulen. Auf der einen Seite steh en die strategische Aufwertung, die breite Vernetzung und die hohe Motivation der Akteure. Auf der anderen Seite treten deutliche strukturelle Probleme zutage: mangelnde Zeit, fehlende Anschlussfinanzierungen und unzureichende Anreizsysteme. Die Stärken liegen vor allem in den klassischen Forschungskooperationen mit Unternehmen. Weniger ausgeprägt sind dagegen der Transfer in die Zivilgesellschaft oder systematische Formen des Personalaustauschs mit externen Partnern. Hier sehen viele Hochschulleitungen selbst noch deutlichen Ausbaubedarf.

Fast zwei Drittel der Universitäten mit Transferstrategien
Regionale Transformation und gesamtgesellschaftliche Herausforderungen im Blick

 
Die Ergebnisse machen deutlich, dass Hochschulen ihre Rolle beim Thema Transfer in den letzten Jahren zwar erheblich geschärft haben, zentrale Rahmenbedingungen aber weiterhin hinderlich sind. Es gilt, die vorhandene Motivation und Kompetenz besser zu nutzen – durch Anreizsysteme, die Transfer in Karrieren sichtbar machen, durch Förderprogramme, die Finanzierungslücken schließen, und durch Strukturen, die mehr Zeit für Austausch und Kooperation ermöglichen. Nur so können Hochschulen ihre Potenziale im Transfer voll entfalten und ihren Beitrag zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen leisten.

 

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